Zahnbehandlungen können bei den Tieren meist nur in Narkose durchgeführt werden. Die Sorge vor einer Narkose erschreckt jedoch so manchen Tierbesitzer. Es gilt jedoch den Nutzen und das - zugegebenermaßen existierendes - Risiko abzuwägen.
Die erste Inaugenscheinnahme der Zähne kann selbstverständlich ohne Narkose erfolgen. Die Kooperationsbereitschaft der Patienten spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Die meisten Tiere gewähren uns einen ersten Ein- bzw. Überblick.
Wenn der Befund nicht 'alles super' lautet, muss man die Zähne intensiver - oft auch Röntgenologisch - untersuchen. Ab diesem Zeitpunkt kommt das Thema Narkose ins Spiel.
Eine Narkose ist selbstredend eine körperliche Belastung für den Patient - und ein nervlicher Stress für seinen Besitzer. Insofern sind alle daran interessiert, Narkosen optimal auszugestalten
Als erster Grundsatz sollte gelten, Narkosen nur dort einzusetzen, wo es sich nicht vermeiden lässt.
Zahnbehandlungen beim Tier gehören leider zu jenen Maßnahmen, die einer Narkose bedürfen.
Des öfteren wird z.B. bei Tierfrisören 'narkosefreie Zahnsteinentfernung' beworben. Ein solcher 'narkosefreier' Eingriff wird allerdings von anderen als tierschutzrelevant eingestuft.
Ein paar Gedanken hierzu:
Zum Einen wird kein Hund - bzw. keine Katze - freiwillig das Maul für eine Ultraschall-Zahnsteinentfernung öffnen.
Es würden Zwangsmaßnahmen notwendig sein. Des Weiteren kann das Tier nicht verstehen, warum es
für einen längeren Zeitraum diese Belastung - diesen Schmerz und diesen Stress - aushalten soll.
Zwei weitere Stichworte wären: Zeitdruck und Notfall-Vorsorge .
Fazit hierzu: Eine solche Narkosevermeidung ist sehr bedenklich!
Unter dem Zahnstein verbergen sich oft größere Zahnprobleme, wie kaputte Zähne oder fortgeschrittene Probleme des Zahnhalteapparates. Wie Eingangs beschrieben, bedürfen eingehendere oder gar röntgenologische Untersuchungen der Zähne einer Narkose des Patienten. Zur Vermeidung der 'Untersuchungsnarkose' ist es vorzuziehen, die intensive Untersuchung und den behandelnden Eingriff zu einem Zahn-OP-Termin zusammenzulegen. Der Patient wird auf dem OP-Tisch gründlich untersucht und der behandlungsfähige Befund umgehend behandelt.
Der Vorteil: Durch die um den OP-Tisch gruppierten Geräte kann optimiert und zügig gehandelt werden. Der Nachteil: Es kann vorab keine verbindliche Aussage über den Umfang des Eingriffs getroffen werden.
Nebenbei: Durch den Einsatz des digitalen Röntgens stehen Röntgenbilder innerhalb von Sekunden zur Verfügung. Längere Entwicklungszeiten entfallen. Der Patient kann direkt weiterbehandelt werden. Auch dies ist eine Maßnahme zur Redzuzierung von Narkosezeiten.
Narkosen dürfen nur approbierte Tiermediziner -also Tierärzte- ausführen. Sie haben mit Ablegung der Prüfungen bewiesen, das Sie die biologischen und physiologischen Zusammenhänge beim Tier kennen und verstehen. Sie können einschätzen, welcher Patient mit welchem Narkosemittel und für welchen Eingriff optimal versorgt ist.
Hierbei muss erwähnt werden, dass es nicht nur EINE Narkose gibt, sondern eine Vielzahl von Narkose-Verfahren und Mittel, die teilweise alternativ oder in Kombination einzusetzen sind. Die physiologischen und pharmakologischen Einschätzungen gehören in den Aufgabenbereich der Tierärzte und haben in Laienhand nichts zu suchen.
Eine Narkose hat grundsätzlich drei Anforderungen zu genügen:
Natürlich muss der Patient nach dem Eingriff auch wieder gesund erwachen. Die Wieder-Aufwach-Phase ist allerdings nicht zu unterschätzen. Ein Großteil der auftretenden Komplikationen findet hierbei statt.
Je mehr man über den Gesundheitszustandes eines Patienten weiss, um so besser kann man sich darauf einstellen.
Eine der besten Informationsquellen ist ein vorsorglicher Blut-Check. Man spricht hierbei auch von einer 'präoperativen-Blutuntersuchung'.
Eine solche Untersuchung überprüft eine größere Zahl von Blutwerten und liefert ein aussagekräftiges 'Gesundheitsprofil'. Unerkannte Defizite an der Leber können hierbei z.B. Hinweise auf eine schwierigere Verstoffwechslung (Abbau) der Narkosemittel hinweisen.
Zwar ist die Aussagekraft eines solchen präoperativen Blutprofil sehr hoch, jedoch scheut mancher Patientenbesitzer die damit verbundenen Kosten. Einerseits verständlich - andererseits erhöht es das Narkoserisiko.
Wesentlich ist auch, dass der Patient am Tag der Operation einen leeren Magen hat. Dies vermeidet zum einen, dass der Körper nicht noch durch den Verdauungsvorgang unnötig belastet wird, zum anderen wird das Risiko des Erbrechens und die damit verbundenen Komplikationen stark reduziert.
Ca. zwölf Stunden vor dem Eingriff sollte das letzte Futter gegeben worden sein. Wasser darf und soll immer ausreichend und frisch angeboten werden!
Am Tag des Eingriffs erhalten Hunde in Anwesenheit ihrer Besitzer eine erste Narkoseinjektion zum Einschlafen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Patienten auf diese Weise stressfreier - also unbelasteter - in eine Narkose einsteigen. Schläft der Hund, darf (muss) sein Herrchen eine 'Auszeit' nehmen. Das Praxis-Team nimmt nun den Patienten in seine Obhut.
Etwas anders verläuft es bei Katzen und Heimtiere. Diese ziehen es vor in einer ruhigen Umgebung stressfrei und ohne die anwesenden Besitzer in Narkose gelegt zu werden. Insofern werden Katzen und Heimtiere bereits früh morgens entgegengenommen und können nach dem Stress des Transports noch eine Weile zur Ruhe kommen. Aber auch hier gibt es eine einleitende Narkoseinjektion, bevor es in den OP-Raum geht.
Zu Beginn erhält der Patient einen Venenzugang - auch Venenkatheter genannt. Durch diesen Katheter wird dem Patienten während der Narkose eine Infusionslösung infundiert. Diese Infusion fördert die Stabilität des Kreislaufs.
Der Venenzugang/Katheter hat aber noch eine andere Funktion. Im Falle einer Komplikation kann hierdurch sehr direkt das richtige Mittel injiziert werden. Würde erst im Falle der Komplikation versucht ein Venenkatheter zu legen, so würde zuviel Zeit verloren gehen.
Der Venenkatheter wird dann erst entfernt, wenn der Patient stabil und wach ist. Oft wird der Katheter sogar erst bei der Übergabe des Patienten an den Tierbesitzer 'gezogen'. In unsicheren Fällen raten wir sogar, den Katheter bis zum nächsten Tag zu belassen. In diesem Fall bekommt der Patient einen stabilen Verband über den Venenzugang und kann nach Hause entlassen werden. Im Notfall könnte hierdurch schnell gehandelt werden.
Als Zweites wird der Patient intubiert. Dies bedeutet es wird ein Schlauches in die Luftröhre eingeführt und mittels eines kleinen Ballons arretiert/fixiert/geblockt. Luftröhre und Schlauch werden dadurch 'luftdicht' verbunden. Am anderen Ende des Schlauch (Tubus) wird das Gas-Narkose-Gerät angeschlossen.
Diese 'Verlängerung' der Luftröhre erleichtert dem Patienten das Atmen. Flüssigkeiten oder gar Erbrochenes kann nicht in die Luftröhre eindringen. Eine 'Aspirations-Pneumonie' wird damit verhindert.
Durch den Tubus kann nun dosiert das Narkosegas-Sauerstoff-Gemisch den Patienten erreichen und ihn in dieser zweiten Phase der Narkose in einem stabilen Zustand halten. Müsste der Patient beatmet werden, so kann auch dies durch den fest arretierten Tubus erfolgen.
Nach dem Eingriff, wird das Narkosegas abgeschaltet und der Patient ausschließlich mit Sauerstoff versorgt. Ab einem gewissen Zustand des Wach-werdens wird dann der Tubus entfernt. Danach kommt der Patient in seine Aufwachbox und wird weiter von den Helferinnen beim Aufwachen überwacht.
Während des Eingriffs werden die Vitalfunktionen des Patienten durch eine Helferin, aber auch durch geeignete Geräte (Monitore) überwacht. Man spricht hierbei von einem 'Monitoring'. Hierbei werden Herzrhythmus/Puls, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung des Blutes und CO2-Gehalt der Atemluft ständig überprüft.
Gerade ältere Tieren leiden oft an hochgradiger Parodontitis. Sie haben eine Zahnbehandlung dringend nötig. Die Lebensqualität und der Gesundheitszustand leiden massiv. Die Tierbesitzer spüren dies und sorgen sich.
Die Aussage, dass diese alten Tiere nicht mehr narkosefähig sind können wir nicht bestätigen. Eher das Gegenteil ist der Fall.
Natürlich besteht ein Narkoserisiko - immer. Aber mit der richigen Vorsorge in - und während der Narkose, lässt sich dies sehr gut beeinflussen.
Ob jung oder alt - auch unser Alltag wäre mit dauerhaften Zahnschmerzen mühselig.
Gerade die alten Tiere haben eine Chance auf eine höhere Lebensqualität verdient.
Entscheiden müssen Sie als Tierbesitzer. Bei Unsicherheit - fragen Sie uns !